Dienstag, 24. Mai 2011

1989-10-25 | Das verlorene Interview aus dem Jahre 1989

Charly Davidson alias Karl David Korff in der Karibik. Man schreibt das Jahr 1989 und es war kurz vor dem Fall der Mauer. Auf Jamaica spielt er zum ersten Mal außerhalb Europas die von ihm erfundene "Lounge Musik". In einem Interview mit Bobb Sanders für "Rick's Radio" spricht er offen über seine Musik und seine Drogenerfahrungen. Mit "Gunga" fängt es an und endet bei einem düstere Geheimnis: Davidsons Heroinabhängigkeit. Die Ausagen über seine Musik wurden gesendet, auf Wunsch Charlys wurden die anderen Dinge damals herausgeschnitten. Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist nun das Originalband dieses Interview veröffentlicht worden und einstige Weggefährten sind sich darüber einig, dass es echt ist.

Kingston - Er war eine Musiklegende, am 28. November 2008 starb Charly Davidson (bürgerlich: Karl David Korff) und ist trotzdem auch heute noch für Überraschungen gut. Auf Jamaica ist nun ein Interview aus den achtziger Jahren aufgetaucht, das Einblicke in das Seelenleben des damals international aufstrebenden Stars ermöglicht.

Die
Aufnahmen stammen vom 25. Oktober 1989. Davidson war auf einer kleinen Tour in der Karibik unterwegs. Nahe Negril Beach trat er im, wegen seiner Sonnuntergänge weltberühmten, "Ricks's Cafe" auf mit seiner gerade frisch aus der Taufe gehobenen "Lounge Musik". Damals konnte noch niemeand ahnen, welchen Siegezug diese Musirrichtung später weltweit nehmen würde. Für "Rick's Radio" wurde er von seinem Freund Bobb Sanders interviewt. Dieser zeichnete eine gute Stunde Interview auf.

Darin gibt Davidson zu, von den späten siebzigern bis ins die frühen achtziger Jahre heroinabhängig gewesen zu sein. Er habe aber seine Heroinsucht schnell überwunden. "Ich war eine Zeit lang sehr, sehr abhängig." Er habe etwa 60 Mark pro Tag für die Droge ausgegeben. Immer wieder hatte es zu seinen Lebzeiten Gerüchte gegeben, Davidson/Korff habe mit harten Drogen zu tun gehabt. Aber der Musiker hatte die Spekulationen niemals bestätigt. "Es ist außergewöhnlich, dass er darüber so offen spricht", wird sein Freund Brain O-N-E zitiert, der lange Jahre auch Geschäftspartner von Davidson war.

Mit seinem schnellen Ruhm (Charly war damals Sänger einer Politrockband, hatte einen Musikwettbewerb gewonnen und einen mehrjährigen Schallplattenvertrag erhalten) sei er nicht klar gekommen, sagte Davidson damals im Interview. Heroin sein ihm als ein Ausweg aus der Misere vorgekommen. "Zu sterben bedeutete mir nichts", so habe er damals gefühlt. Er habe oft gewusst, dass er schnell hätte sterben können. Seine Ehefrau habe von all dem nichts gewusst. "Vielleicht hat sie etwas geahnt, aber es wurde nicht angesprochen", so Davidson. Dann sei sie schwanger geworden und er habe von einem Tag auf den Anderen mit dem Heroin aufgehört.

Über seine Musik äußerte er sich 1989 zudem überraschend geringschätzig. "Ich nehme sie weniger ernst, als man allgemein annimmt", sagt Davidson. Die Texte seien es, die ihm am Herzen lägen. "Du kannst nicht glücklich sein, wenn Du nur Musik machst. Ein Text, der richtige Ausdruck eines Gefühls, gehört immer mit dazu."

Ob es Zufall ist, dass die Aufnahme so kurz nach Bob Marleys 30. Todestag gerade in Jamaica auftauchen? Und entspricht alles, was Davidson sagte, der Wahrheit? Ein wenig darf man das bezweifeln - zumal Charly Davidson bekannt dafür war, dass seine Interviews nicht immer ganz für bare Münze genommen werden konnten.