Donnerstag, 8. Oktober 2009

1995-01-28 | Wieviel Davidson steckt in Karl David Korff?

MoPo-Bühne
KARL DAVID KORFF LIVE „Einhundert Tage in drei Wochen“
Von Jonas E. Prinz

Er ist einer der facettenreichsten deutschen Musiker. Einer, der seine Sprache liebt, der voller Poesie und gleichzeitig auch bitter ernst sein kann, einmal Klamaukist dann wieder hemmungslos kritisch. Seit bald zwanzig Jahren steht er als Charly Davidson auf der Bühne, ist "Liederpoet und Rockmacher", aber gestern Abend kam er ganz bürgerlich als Karl David Korff ins ZWICK. Und machte - wenn es dann sein mußte - auch mal den Popstar.

Vor allem aber ist Korff heute scharfzüngiger Berichterstatter des ur-deutschen Alltags im Kleinen wie im Großen, seziert den Irrwitz unserer Welt und sind dazu eingängige Lebensballaden
. Nun hat der ach international erfolgreiche Musiker ("Lounge Musik") im letzten Jahr seiner Rockband abgeschworen und zieht nur noch mit Musikerfreund Helmut Prosa durch Clubs und Theater. Aber was heißt hier nur! Der phänomenale Gitarristen und Keyboarder aus der Steiermark zelebriert zusammen mit Korff eine eigenwillige Mixtur aus literarischem Kabarett, Elektromusik, Folk und Rock, wie jetzt beim ebenso ausverkauften wie beklatschten Hamburger Gastspiel im ZWICK.

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Es wird noch schlimmer kommen", prophezeit er in einem frischen Text zu Beginn den anwesenden "Wegstreckenbegleitern", als er die "Verbotene Liebe" anspricht, eine deutsche TV-Seifenoper, die seit dem 2. Januar montags bis freitags im Ersten Programm ausgestrahlt wird, und singt dazu als erstes mit "Ich bin nicht verliebt" seine Version des 10CC Klassikers "I'm Not In Love". Dann liest er neue Texte über sein Alter Ego namnes Strelitz vor, stellt neue Songs wie "Schluß mit Lustig" oder "Walverwandschaften" vor.

Und natürlich schöpft Korfff aus seinem reichhaltigen Charly-Davidson-Repertoire und singt alte Erfolge in neuer Unplugged-Instrumentierung. Dadurch gewinnen Stücke wie "Dolmetscher" oder "Querulantensäue" völlig neues Format. Der alte Kracher "Odysseus" wird zu einer gut viertelstündigen Mini-Oper mit Prosaeinlagen und Session-Charakter, bei dem sich Prosa einmal virtuos austoben kann. Und Balladen wie "Niemand weint (so schön wie du)" oder die aufgewühlte "Kontaktaufnahme", die Korff/Davidson als 22-Jähriger geschrieben hat, leuchten vor Intimität.


Karl David Korff ist einer, der (egal ob im eigenen Namen oder unter Pseudonym) immer sein Ding macht, egal wohin ihn das führt, schon deshalb kann es nicht immer gut gehen mit dem Massenerfolg in größten Konzerthallen. Jetzt hat sich nun für die theatralische Kabarett-Variante entschieden und folgerichtg fehlt "Keiner liebt dich, wieso ich?", sein größter Pop-Erfolg, in diesem Programm.

Dafür steht am Ende des Abends und am Ende eines ausufernden Zugabenteils eine lustvolle Hommage an Korffs Helden wie Marc Bolan oder U2 mit "Mit oder ohne" und "Monicacinom". Da steht das ganze ZWICK schon längst - und jubelt, als sei's das letzte Mal. Und hat noch etwas gelernt dabei, mal leicht-flockig, etwa daß "Monicacinom" die deutsche Version des T. Rex-Klassikers "Deboraharobed" ist, mal tiefsinnig, nämlich daß U2-Frontmann Bono in „With Or Without You", dem Vorbild für Korffs "Mit oder ohne", darüber singt, daß Bono sich manchmal bei U2 ausgesetzt fühle. Und das sei der Grund, warum er, Korff, derzeit ohne seine Band durch die Lande tingele.

Und schon ist es wieder da, das Gefühl, daß dieser Mann in der deutschen Musikszene etwas ganz Besonderes ist - egal unter welchen Namen auch immer.

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